Camino Frances 2021
Im Heiligen Jahr 2021 bin ich von Leon aus gestartet und tatsächlich komplett bis nach Santiago de Compostela gelaufen, ohne auch nur einmal aus gesundheitlichen Gründen oder Faulheit, eine Etappe überspringen zu müssen.
Das Heilige Jahr in Spanien findet immer dann statt, wenn der Jakobustag 25. Juli (hier ein sehr wichtiger Feiertag) auf einen Sonntag fällt, was dieses Jahr dann so war. Nur in einem solchen Jahr, wird die Gnadentür der Kathedrale geöffnet. Es heißt, wenn man in einem Heiligen Jahr läuft, und am Ende einige Dinge macht, wie eben durch die Gnadentür zu laufen, die Beichte abzulegen und anderes, wird man vollständig von seinen Sünden erlöst. Nun bin ich nicht katholisch und glaube nicht so recht an solche irdischen Freisprechungen, aber den Weg in einem solchen Jahr zu laufen, ist auch für mich was besonderes. Aufgrund unseres lästigen Corona Problems, war der Papst allerdings sehr vorausschauend, und hat kurzerhand entschlossen, zwei Jahre draus zu machen. Also keine Panik Leute, 2022 geht es weiter.
Vorweg sei gesagt, dass ich eine Camino hatte, wie man sich ihn nur träumen kann. Ich hatte wenig bis keine Probleme zu laufen, Das Wetter hat mitgespielt, und ich habe fantastische Menschen kennen gelernt, mit denen ich mal gelaufen bin, mal hat man sich abends getroffen, zusammen gegessen oder sogar zusammen gekocht. Ich hatte sehr viel Spaß und bin froh, dass ich dies alles so erleben durfte. Diese Begegnungen machen natürlich sehr viel aus, auf dem Camino. Allerdings werde ich auch dieses Mal keine Bilder dieser tollen Menschen hier veröffentlichen. Alleine schon aus rechtlichen Gründen. Ich hoffe, ihr erfreut euch trotzdem an den Bildern.
Ich habe also meine Sachen gepackt, und bin (Nachdem ich die ganzen Corona Formalitäten erledigt hatte) am Donnerstag dem 26.08. nach Leon gereist, und habe mich erstmal zwei Tage dort umgeschaut und mich an meine Freizeit gewöhnt.
Es ist ganz schön viel los in Leon, und ich bin irgendwie froh, dass es heute, es ist Samstag, endlich losgeht. Ich habe dieses Jahr meine Etappen so gewählt, dass ich sie ohne größere Probleme schaffen sollte, die Dinge zu sehen bekomme, die ich beim letzten Mal verpasst habe, die ein oder andere alternative/vermeintlich schönere Strecke gehe und die ein oder andere große Stadt nur durchlaufe. Es geht also von Leon nach Villar de Mazarife (22,6 Km). Zum Einstieg also eine recht einfache, schönere und mir schon bekannte Strecke.
Heute nur eine kurze Etappe, von Villar de Mazarife nach Hospital de Orbigo (14,9 Km). Bisher bin ich alleine gelaufen, und die letzten Deutschen traf ich kurz in Leon. Ein Highlight des Tages ist das erste Cafe am Zielort. Es hat nach hinten raus einen schönen Garten, in dem auch Hühner frei herumlaufen. Natürlich ist auch die große Brücke ein Hingucker. Den Abend verbringe ich dann mit einer Gruppe Franzosen. Ich verstehe vielleicht gerade mal 20%, nicht zuletzt, weil man mir einiges ins Englisch übersetzt und den letzten Rest dann über den Kontext und mit Händen und Füßen. Ein herrlicher Abend mit sehr viel Spaß.
Es ist Montag der 30.08. und die heutige Etappe führt mich über Schotterpisten, vorbei an einem Donativo-Aussteiger-Genieße-Das-Leben-Platz, knapp 19,0 Km nach Astorga. Ich konnte "leider" nichts meh telefonisch an Herberge reservieren, daher musste ich ja ein Hotel nehmen. Das es das 3-Sterne Hotel am Rathaus war... Ich habe das Bad in der Wanne sehr genossen. Da ich schon beim letzten mal in der Kathedrale war und auch die Stadt schon etwas gesehen habe, war dieses mal ein Besuch im Bischofspalast dran.
Gut ausgeruht, frisch gebadet und gestärkt nehme ich heute (Dienstag 31.08.) die Etappen in Angriff, die ich beim letzten mal leider überspringen musste. Es geht 29,1 Km nach Foncebadon. Vorbei an kultigen Plätzen wie der Cowboy Bar und der blauen Tür, wo Stöcke zum Verkauf dran hängen... und wofür ich scheinbar zu früh dran bin, denn alles hatte als ich ankam geschlossen. Das letzte Stück bis nach Foncebadon ist wohl ein Vorgeschmack auf die ganzen Berge in nächster Zeit. Es geht stetig aufwärts. Aber die Mühe ist es auch wert, denn morgen geht es dann am Cruz de Ferro vorbei, wo traditionell ein Stein als Symbol für die Sorgen, Ängste o. Probleme abgelegt wird, so das man befreit von allem weiter laufen kann.
Wir haben Mittwoch, und geht es von Foncebadon, vorbei am Cruz de Ferro, nach Molinaseca (22,5 Km). Ich habe nicht nur einen Stein von zu Hause mitgebracht, sondern auf meiner ersten Etappe dieses Jahr, einen gefunden, den ich einfach einpacken musste. Ich kam auf den Gedanken, dass es doch ganz nett wäre, diesen den Sorgen meiner Lieben zu Hause zu widmen. Ich hoffe es hat dem ein oder anderen etwas gebracht. Na ja, pünktlich zur Ankunft an meinem Tagesziel beginnt es dann zu regnen. Aber das störte mich jetzt überhaupt nicht mehr. Ich hatte schließlich Feierabend.
Da ich Ponferada und die Templerburg schon kannte und letztes mal auch besichtigt hatte, konnte ich dieses mal getrost durch laufen und habe mir Cacabelos als Ziel ausgewählt (24,5 Km), wo es eine kultige öffentliche Herberge gibt, wo die Doppelzimmer in die Außenmauer integriert wurden, die eine alte Kirche umgibt. Was soll ich sagen... auch diese war natürlich geschlossen. Man erklärte mir später, es sei geschlossen, um die Ortsansässigen privaten Herbergen und Bars zu unterstützen. Kann man ja noch verstehen. Auch wenn man Abends ordentlich suchen musste, um ein geeignetes Restaurant zu finden.
Wir haben den 03.09. und da ich das mit dem durchlaufen von größeren Orten (da wo sie alle hin gehen) jetzt gut beherrsche, laufe ich heute durch Villafranca del Bierzo, was so viel heißt wie die Frankenstadt im Bierzo, durch und gehe an der Straße entlang, 28,3 Km ach Ambasmestas. Das es die tolle Herberge mit Ulli und seiner Frau nicht mehr gibt, wusste ich ja schon, aber das es im ganzen Ort nur noch diese eine gibt... Man merkt halt schon die ganzen Auswirkungen von Corona...
Heute geht es dann nur noch die knapp 15,0 Km hoch zum o Cebreiro. Ein gut gepflegter historischer Ort, und der erste auf galicischem Boden. Hier bin ich mit einigen tollen Leuten, die ich die Tage kennen gelernt habe. Abends haben wir uns kurzer Hand mit Getränken versorgt, Tisch, Stühle und Bank rausgestellt und den Abend samt Sonnenuntergang genossen. Das Leben kann schon herrlich sein...
Am 05.09. ging es dann nach Triacastella (24,5 Km). Natürlich nicht, ohne vorher noch mal kräftig den Berg zu besteigen. Es ist zwar einer dieser Orte, wo sie alle hingehen, dennoch recht angenehm, die anderen sind ebenfalls hier und da ich am nächsten Tag nach Samos möchte, das perfekte Etappenziel. Ich schlafe heute im ehemaligen Pilgergefängnis... zum Glück sieht es nicht mehr danach aus und ist wesentlich komfortabler.
Nach Samos sind es dann nur noch 11,0 Km. Das bedeutet, ich kann es ruhig angehen lassen, das erste mal, das ich vorher frühstücke. Ich laufe heute mit drei wundervollen Frauen zusammen. Wir haben in Samos wieder die gleiche Herberge, wo wir am Abend, nach dem Besuch im Kloster mit den schönen Wandmalereien, zusammen kochen. Erfahrungsgemäß schmeckt es an solch einem Abend immer besonders gut, egal was es gibt, und dieses mal war es nicht anders.
Um in meinem Zeitplan zu bleiben, muss ich heute bis Ferreiros laufen. Klappt aber nur fast. Nach 30,3 Km halte ich an einer Herberge die sich kurz vorher befindet. Morgens bin ich noch mit den Frauen gelaufen, wir sind zwar unterschiedlich los, haben uns aber schon bald wieder getroffen. In einer abgelegenen Herberge (ein alter schön zurechtgemachter Bauernhof) lernten wir dann neue Leute kennen, mit denen ich später noch viel Zeit verbringen werde. In Sarria trennten sich unsere Wege allerdings. Sie haben halt mehr Zeit und, so wie ich, ein bestimmtes Datum als festes Einlaufzeit. Natürlich musste es da auch zu regnen anfangen.
Heute wird die 100,0 Km Marke geknackt. Durch Portomarin laufe ich wieder nur durch und komme nach 20,2 Km in Gonzar an. Der Stausee in Portomarin ist erstaunlich leer, die Kirche war zu, und der Weg wird jetzt hinter Sarria etwas voller. Ganze Reisegruppen findet man hier, teilweise geführt, betreut und mit Begleitfahrzeug. Ganze Busse werden hier schon mal ausgekippt. Aber das ist ein Thema für sich, und jeder muss seinen Weg gehen, wie auch immer er es für richtig hält.
Auch Palas de Rei durchlaufe ich nur, so dass ich nach rund 22,0 Km in Ponte Campanio ankomme. Es regnet und ich habe heute keine Lust mehr weiter zu laufen. Zum Glück hat mich ein neuer Bekannter (vom alten Bauernhof hinter Samos) als seinen Kumpel mit in die Herberge bekommen. Diese war eigentlich schon (Corona konform) voll, sie können aber in solchen Fällen eine Ausnahme machen... Den Restlichen Tag regnet es fast durch. Ist aber nicht schlimm, machen kann man hier so wie so nichts. Und das ist auch mal ganz angenehm. Ich mag es ehrlich gesagt.
Es geht heute 22,5 Km nach Ribadiso, einem kleinen Ort vor Arzua. Die öffentliche Herberge hat hier eine tolle Badestelle am Fluss. Kurz vor Melide, wo wir wieder nur durch laufen, fängt es an zu regnen. In Ribadiso hört es abends aber wieder auf. Die Anderen laufen noch weiter, einen Ort hinter Arzua, sie wollen am letzten Tag nur noch gemütlich nach Santiago rein laufen und gehen deswegen etwas weiter.
Durch Arzua wieder nur durch (der Ort hat auch nicht viel schönes) die 25,9 Km direkt bis nach Pedrouzo. Dem letzten Etappenziel vor Santiago de Compostela. Ich halte hier vor allem, um das tolle Steak auf heißem Stein wieder zu essen, was mich beim letzten mal so fasziniert hatte. Der Ort selber ist eher uninteressant.
Heute ist es soweit! Es ist der 12.09., ich habe Geburtstag und laufe die letzten 24,4 Km nach Santiago de Compostela. Es ist wieder unbeschreiblich. Man muss es selber erlebt haben. Ich bin am Ziel angekommen. So wie viele andere auch. Es gibt hier nur fröhliche Gesichter, Tränen der Freude... Zumindest sieht man die anderen nicht. Ich hole mir zeitig meinen Nummer um die Compostela, meine Pilgerurkunde, zu holen. Schließlich soll da mein Geburtstag als Datum stehen. Während ich warten muss, setze ich mich auf den Platz und genieße es, schaue den anderen beim ankommen zu. Später, nachdem ich meine Urkunde geholt habe, checke ich im Hotel ein. Ja im Hotel. Und nicht irgendein Hotel. Mir wurde zum Geburtstag eine Nacht, mit Frühstück und Dinner im Parador Hotel geschenkt. Das ist ja vielleicht ein Bau... herrlich. Ich genieße meinen Aufenthalt hier, bevor ich dann am nächsten Tag wieder in ein Hostel ziehe. Da ich es am Sonntag nicht geschafft habe in die Pilgermesse zu gehen, (ich hatte nur noch drei Leute vor mir in der Schlange, bevor es hieß: sorry, wir sind voll!) ging ich am Montag Mittag hin. Und zwar frühzeitig, um auch ja hinein zu kommen. Und es hat sich gelohnt. Ich bekam den Botafumero in Aktion zu sehen (was, wie ich später erfuhr, Sonntags nicht der Fall war). Auch die Tunas, eine Gruppe Musiker in Kostümen, die abends gegenüber der Kathedrale spielen, bekam ich dieses Jahr mit. Eigentlich wollte ich ja weiter laufen, bis nach Finisterre. Aber ich hatte dann doch genug. Ich blieb also bis Mittwoch in Santiago und konnte so das nächste Geburtstagskind in Empfang nehmen, bevor ich dann den Bus nach Finisterre nehme.
In Finisterre bin ich auch wieder nicht alleine sondern treffe bekannte Gesichter. So habe ich dann noch ein paar schöne Tage am Strand, im Ort und natürlich oben am Leuchtturm, am Ende der Welt. Dieses Jahr habe ich es dann auch geschafft, den sogenannten Hippie Strand zu besuchen. Herrliches Fleckchen Erde. Und die Sonnenuntergänge...
Und dann geht es recht flott. Samstag mit dem Bus zurück nach Santiago, noch etwas Kult (man legt sich nachts, mit dem Kopf zur Kathedrale, auf den Platz und schaut sich dann so die Kathedrale an) und Kultur nach dem Souvenir shoppen, Rucksack für den Flug gepackt, noch ein nettes Abendessen mit Bekannten und schon ist Sonntag. Es geht wieder nach Hause.
Mein Fazit zu meinem diesjährigen Camino Frances von Leon nach Santiago de Compostela ist eigentlich ganz einfach. Ich hatte meine Zeit für mich um wieder etwas herunter zu fahren, zu mir zu finden... Ich habe fantastische Leute kennen gelernt. Ich war nie wirklich allein, außer ich wollte es. Alles in allem hatte ich einen Camino, wie man sich ihn sonst nur erträumen kann. Er hatte alles was man sich so vorstellt und macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Ich hoffe, ihr konntet wenigstens ein wenig meine Reise nachvollziehen/nachempfinden und hattet etwas Spaß an den Bildern.